Abgehört zum 1. Mai: „Hat sich der Kapitalismus totgesiegt?“ von Hartmut Rosa

OLYMPUS DIGITAL CAMERAAnlässlich des 1. Mai hat MDR-Figaro einen Vortrag des Jenaer Soziologen Hartmut Rosa wiederholt gesendet, den er bereits am 22. Juni 2013 im Rahmen der Konferenz „Das System des Kapitalismus – Grundlagen, Dynamik und Kritik“ in Dresden gehalten hat. Die titelgebende Frage „Hat sich der Kapitalismus totgesiegt?“ lädt geradezu dazu ein, den Vortrag inhaltlich und thesenhaft auf den „Tag der Arbeit“ zu beziehen und damit spielerisch seinem Bedeutungsverlust auf den Zahn zu fühlen.

1990 erschien unter dem Titel „100 Jahre Zukunft“ ein Band über die Geschichte des 1. Mai, herausgegeben von Inge Marßolek. Der Kampf- und Feiertag, so macht es der Titel anlässlich des 100. Jahrestages deutlich, ist ohne den Begriff der Utopie nicht denkbar. Diese meint im Kontext der an sozialistischen Ideen ausgerichteten Arbeiterbewegung den zuversichtlichen und hoffnungsvollen Blick in Richtung Zukunft, der „Befreiung des Proletariats“.

Hoffnungsvoll der Sonne entgegen
Auf Plakaten war dies oft symbolisch einleuchtend die aufgehende Sonne, der die Menschen energisch entgegenlaufen. Auf ihrem Strahlenkranz prangte nicht selten der Schriftzug „1. Mai“ als froher Hoffnungstag. Nun ist das nicht allzu verwunderlich, denn der 1. Mai ist ebenfalls ein fester Brauchtumstermin, an dem – anknüpfend an Walpurgis des Vorabends – der Frühling eingeläutet wird.

So verbindet sich beispielhaft in der Sonne die Frühlingsmetaphorik der Maibräuche mit den Bestrebungen der Arbeiterbewegung, die – so viel Bildsprache sei hier gestattet – den eisigen Winter unmenschlicher Arbeitsverhältnisse in den Fabriken mit 12- bis 14-Stunden-Tagen, hoher Unfallhäufigkeit, Kinderarbeit und körperlich-geistigen Folgeschäden, zu überwinden sucht und kollektiv entsprechende Forderungen stellt, allen voran den Achtstundentag.

OLYMPUS DIGITAL CAMERADiese Möglichkeiten der Verbesserung wiesen stets auf einen Punkt, an dem sie hoffentlich einmal durchgesetzt sein werden: in die Zukunft. Und rückblickend ist das die heutige Zeit.

Kampftag der Arbeiterschaft?
Mehr als 100 Jahre nach den ersten Maidemonstrationen hat der 1. Mai seine Bedeutung als Arbeiterkampftag allerdings eingebüßt. Er ist in erster Linie Feiertag. Die Gründe dafür liegen zum Teil auf der Hand: Der Achtstundentag ist durchgesetzt und die Arbeitsbedingungen haben sich, nicht nur in der Produktion, mit fortschreitender Modernisierung und Technisierung verbessert. Was allerdings noch stärker wiegt: Die sozialistische Idee, aus der sich der 1. Mai seit seinen Anfängen gespeist hat, ist historisch gescheitert.

Andererseits finden sich mögliche Gründe im Kapitalismus selbst. Denn der 1. Mai ist seit jeher eine Reaktion auf die kapitalistischen Produktionsverhältnisse im Zuge der Industrialisierung.
Sie war seit dem späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert die Beschleunigungsphase der Moderne schlechthin – oder besser: in die Moderne. Die zahlreichen technischen Neuerungen und die Entwicklung von der Agrar- zur Industriegesellschaft sind Grundvoraussetzungen dieser „neuen Zeit“.

Totale Beschleunigung aller Lebensbereiche
Von den beschleunigten und beschleunigenden Veränderungen im Sinne gesellschaftlicher, ökonomischer und kultureller Umstrukturierung waren alle Lebensbereiche ergriffen: Von Massenproduktion und Verstädterung bis zu Bevölkerungsexplosion und Pauperismus.

Dieser Beschleunigungsprozess findet nach wie vor statt und wir leben heute geradezu in einem „Beschleunigungstotalitarismus“. Das jedenfalls sagt Hartmut Rosa in seinem Vortrag „Hat sich der Kapitalismus totgesiegt?“. Von Totalitarismus sei dann die Rede, wenn alle Bevölkerungsgruppen und alle Lebensbereiche gleichermaßen betroffen sind, so Rosa.

Diese These des Jenaer Soziologen und Beschleunigungstheoretikers basiert auf der Feststellung, dass das Grundmotiv des Wirtschaftens im Kapitalismus gar nicht primär Tauschgeschäfte im Sinne von Marktwirtschaft sind, sondern Kapitalmaximierung im Sinne eines Steigerungszwangs, dessen Grundvoraussetzung Schnelligkeit und technische Beschleunigung ist: Wer zuerst da ist, mahlt zuerst.

Wachstum für den Status quo
Gewinnmaximierung ist also die Triebfeder des Kapitalismus – das sollte allerspätestens seit der Finanzkrise 2008 deutlich geworden sein. Allerdings vermutet Hartmut Rosa dahinter weniger die Geldgier, als nackte Angst. Denn die Dynamisierung sei systemimmanent und ein knackiger Systemfehler: Die permanente Steigerung und Beschleunigung ist notwendig, um den Status quo zu erhalten. Rosa sagt:

„Damit wir bleiben, wie wir sind, müssen wir jedes Jahr schneller laufen.“

Das Grundversprechen der Moderne, Konkurrenzkampf und Knappheit zu überwinden, um selbstbestimmt in Freiheit leben zu können, unterläuft der Kapitalismus geschickt. Denn ein Ende der Steigerung – das größtmögliche Wachstum – ist nie erreicht. Die Beschleunigung läuft auf keinen Zielpunkt zu, sie ist Mittel zum Zweck. Hartmut Rosa bezeichnet das als dynamische Stabilisierung.

Die Verhältnisse zum Tanzen bringen
Dabei weist er ausdrücklich darauf hin, dass Dynamisierung per se nicht schlecht ist, sondern entwicklungshistorisch gut und wichtig. Problematisch sei Dynamisierung im Sinne permanenten Wachstums, das sich stets aufs Neue in einem „Prozess der Landnahme“ (Stephan Lessenich) neue Märkte, Länder und Lebensstile einverleibt. Der Mensch und seine Lebenszeit gerieren in diesem Kontext zur Ressource, die in politisch-ökonomischer Perspektive zu aktivieren ist. Dies geschieht gleichsam mit anderen Lebens- und Gesellschaftsbereichen, wie Politik und Bildung, die nur noch als Dienstleister der Ökonomie fungieren. Rosa definiert:

„Also kann man sagen, Kapitalismus bedeutet das immer schnellere In-Bewegung-Setzen der materiellen, sozialen und der geistigen Welt. Wir bringen die Verhältnisse zum Tanzen.“

Nackte Angst und keine Utopie
Was Hartmut Rosa hier auf Karl Marx verweisend als Tanzen bezeichnet, ließe sich heute treffender durch die Formulierung des „Sich-Drehens“ – im Tanzen – ersetzen, das In-Bewegung-Bleiben meint, um nicht abgehängt zu werden – das gilt für Personen und Unternehmen gleichermaßen. Hier ist sie wieder, die Angst, die sich „psychisch“ total auswirkt.

Wenn man die Thesen Hartmut Rosas aus seinem Vortrag zusammenfasst, ließe sich in etwa folgendes formulieren:

Wo der Kapitalismus alle Bevölkerungsgruppen und Lebensbereiche erfasst, um sie zum immer schnellerem „Drehen“ zu bringen, ist ziellose Beschleunigung als Grundvoraussetzung von Wirtschaftswachstum lediglich die Dynamisierung des Augenblicks – des Hier und Jetzt. Ebenso wie man beim „Sich-Drehen“ an einem Ort verbleibt, egal wie viel Energie man dabei aufwendet und sich erschöpft, hat Zukunft dort keinen Platz, wo alles bleiben soll, wie es ist – erst recht nicht, wenn Stabilität immer mehr Beschleunigung und Zeitaufwand benötigt.

Ein Ort, der nicht ist
Hartmut Rosa spricht von Desynchronisation, wo einige Bereiche nicht derart problemlos dynamisierungs- und steigerungsfähig sind, etwa die Realökonomie gegenüber der Finanzökonomie oder die Demokratie, Ökologie und Psyche des Menschen gegenüber der Ökonomie. All diese Dinge benötigen Zeit, jenen „knappsten Rohstoff“, der vor allem Lebenszeit ist.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAAuch in diesem Sinne ist Zukunftsdenken deplatziert, denn Nachhaltigkeit ist zeitaufwendig. Und wo ein Blick in die Zukunft schwer realisierbar ist, muss Utopie ein Hirngespinst sein oder das, was sie ihrer Wortherkunft tatsächlich ist: kein Ort, nirgends. Erst recht, wenn für solche Vorstellungsräume gar keine Zeit bleibt, weil man Zeit seines Lebens damit beschäftigt sein wird, finanziell und sozial hinterherzukommen, mitzuhalten und nicht abgehängt zu werden. Die Angst ist groß – alles andere wiegt dagegen wenig.

Was bedeutet das für den 1. Mai?
Die Utopie von der Befreiung des Proletariats und die Arbeiterbewegung an sich waren von Beginn an kollektiv: Gleiche Interessen, gleiche Forderungen, die verbunden haben. In einer pluralistischen Gesellschaft, in der es viele unterschiedliche Arten von Arbeitsverhältnissen gibt, mag das schwieriger sein. Aber mit Blick an die Ränder, wo das große Aussieben und politisch verantwortete Herumwursteln stattfindet, gibt es auch heute noch genügend Potenzial für Kollektivinteressen – von den vielen anderen einmal abgesehen, genannt sei hier nur beispielhaft der NSA-Überwachungsskandal.

Wer seine Ressourcen nicht ausschöpft und sich nicht effizienter macht für das „Steigerungsspiel“, gerät beim Drehen leicht ins Trudeln – oder schlimmer, er dreht sich erst gar nicht. Wo Selbstoptimierung, Selbstmanagement und permanente Flexibilität zwingender Bestandteil eines Spiels sind, werden Freiheitsressourcen, wie Rosa das nennt, wieder eingezogen. Das Leben wird zum „Instrument im ökonomischen Existenzkampf“.

Wer daran nicht teilnimmt oder „ausgeschieden ist“ und seine Lebenszeit vermeintlich nicht opfert, um mitzuhalten, macht sich verdächtig. Dann tauchen schnell Begriffe, wie „soziale Hängematte“ oder „spätrömische Dekadenz“ auf. Zeit als den kostbarsten Rohstoff gönnt man niemand anderem gern.
Und so werden wir wohl leider lang und vergeblich darauf warten, dass ein Heer von Arbeitslosen, Aufstockern und Niedriglohnverdienern, die ihre Situation unerträglich finden und trotz mühevoller Anstrengungen auf der Stelle treten, ihre Rechte als BürgerInnen in der Öffentlichkeit  einfordern. Zu groß ist die Scham und das Stigma von „Hartz IV“ und „prekärer Vollerwerbsarbeit“, wie eine Studie des Jenaer Soziologen Klaus Dörre belegt (1), der gemeinsam mit Hartmut Rosa und Stephan Lessenich das „Kolleg Postwachstumsgesellschaften“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ins Leben gerufen hat.

Und ebenso lange und vergeblich werden wir darauf warten, dass dies einmal am 1. Mai geschieht, dem „Tag der Arbeit“. Da hilft vermutlich auch kein ZEIT-Artikel von 2013, der den „Adel der Arbeitslosigkeit“ ausrufen will – so engagiert das auch sein mag.

Die Möglichkeit kollektiver Utopie-Entwürfe schwindet dort, wo Menschen auf sich selbst verwiesen sind, auf ihre Probleme und ihren „ökonomischen Existenzkampf“, der unmittelbar hier und jetzt spielt. Nicht morgen oder übermorgen. Zukunft hat im endlosen Steigerungsspiel des Kapitalismus ihre Bedeutung verloren.

 

 

Verweise:

(1) Prof. Dr. Klaus Dörre u.a.: „Bewährungsproben für die Unterschicht? Soziale Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik“. Campus Verlag 2013.

 

Weiterführende Links:

Bei MDR-Figaro zum Nachhören: „Hat sich der Kapitalismus totgesiegt?“, Vortrag von Prof. Dr. Hartmut Rosa

Prof. Dr. Stephan Lessenich, Prof. Dr. Hartmut Rosa, Prof. Dr. Klaus Dörre u.a. „Kolleg Postwachstumsgesellschaften“ an der FSU Jena

Brigitte Reimann (1933-1972): „Ich bereue wenig von dem, was ich getan, aber viel von dem, was ich gelassen habe“

Als Brigitte Reimann 1947 an Kinderlähmung erkrankt und sechs einsame Woche im Krankenhaus verbringt, bleibt nicht nur ein leichtes Hinken zurück, sondern auch der Entschluss, zu schreiben:

„Ich habe große Pläne. Wir haben über meinen Beruf gesprochen, und ich will gerne Schriftsteller werden, aber nicht nur nebenbei, sondern als Hauptberuf.“

Sie schreibt Laienspiele und erste Erzählungen, will studieren, gibt es aber wieder auf. Sie gewinnt einen Preis, wird entdeckt und in die Arbeitsgemeinschaft Junger Autoren des Deutschen Schriftstellerverbandes Magdeburg aufgenommen. Da ist sie gerade mal zwanzig Jahre alt. Nur wenige Jahre später folgen die ersten Buchveröffentlichungen und bald darauf die ersten Preise.

„Ich bereue wenig von dem, was ich getan, aber viel von dem, was ich gelassen habe.“ Das schreibt Brigitte Reimann 1950, noch ein halbes Kind. Aber in diesem Satz blitzt jene Unbedingtheit auf, die sie vom Leben für sich eingefordert hat. Sie ist impulsiv, lebensmutig und energisch. Sie ist viermal verheiratet und verliebt sich immer und immer wieder aufs Neue in Männer. Sie hat Männerliebschaften in Verlags- und Schriftstellerkreisen – keine Affären. Sie trinkt und raucht, diskutiert leidenschaftlich, glaubt an die Idee des Sozialismus und schreibt darüber mit moralischer Festigkeit: „die Menschen um uns haben ein Recht, sich in unseren Büchern wiederzufinden.“

Mit der Zeit wachsen ihre Zweifel ebenso, wie ihr Körper unter ihrem exzessiven Lebens- und Schreibstil zu leiden scheint. Sie schwankt zwischen Euphorie und Depressionen, Freude und Herz- oder gar Ohnmachtsanfällen. Lebensfrohe Textpassagen in ihren Tagebüchern stehen solchen gegenüber, die zutiefst von Zweifeln geprägt sind:

„Manchmal denke ich darüber nach, wie oft ich geliebt habe, wie oft ich geliebt wurde, ich habe ein wunderschönes Leben, ich bedauere nichts.“

Und an anderer Stelle:

„Ich habe zu früh Erfolg gehabt, den falschen Mann geheiratet, in den falschen Kreisen verkehrt; ich habe zu vielen Männern gefallen und an zu vielen Gefallen gefunden“.

Sie wird früh sterben, das mutmaßt sie bereits etliche Jahre vor ihrer Krebserkrankung, die ihren Körper aufzehrt. Bis zum Schluss schreibt sie an ihrem „Franziska“-Roman und liebt die Männer. Sie will leben, „nichts weiter als leben, sei’s unter verrückten Schmerzen, aber auf der Welt sein.“

Drei Vorstellungen der Brigitte Reimann

Das Leben von Brigitte Reimann liest sich fast wie ein Roman: Jung geheiratet, jung Erfolg gehabt, viele Männer geliebt und manchmal auch geheiratet, und trotz heftiger Kritik und aufreibender Diskussionen nahezu alle Literaturpreise der DDR erhalten.

 

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Ebenso spannend, wie ihr Leben, liest sich die Biografie „Einfach wirklich leben“ von Dorothea von Törne. Die lässt der emsigen Tagebuchschreiberin genügend Freiraum, um selbst zu Wort zu kommen, flicht Passagen aus Briefen, Tagebüchern und Erzählungen ein. Dorothea von Törne kommentiert und ergänzt lediglich, wo es notwendig scheint und stellt den Aussagen der Reimann hier und da auch solche ihrer Familie und Schriftstellerkollegen gegenüber, wie zum Beispiel von Christa Wolf. Auf diese Weise entsteht ein umfassendes Bild der jung verstorbenen DDR-Schriftstellerin, der ihr gerecht zu werden scheint.

 

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Anders verhält sich das mit der biografischen Verfilmung „Hunger auf Leben“ von Markus Imboden (Regie), die hier der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll. Die größten Schwächen entstehen hier wohl aus der Kürze des Films. Vieles aus Brigitte Reimanns Biografie ist zum Beispiel weggelassen worden, worunter die Logik der Handlung an einigen Stellen leidet. Zugute halten muss man jedoch die schauspielerische Leistung von Martina Gedeck, in deren Spiel jene Zerrissenheit der Reimann zum Ausdruck kommt, unter der sie zeitlebens litt und die sie durch das Schreiben zu kanalisieren suchte.

 

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Auch die Hörspielcollage „Ich bin so gierig nach Leben“, kann dieses Bild von der zeitlebens zwischen Lebensübermut und Zweifeln schwankenden Brigitte Reimann ausdrucksstark umsetzen. Mit Textpassagen aus den Tagebüchern und quer dazu gelesenen Passagen aus dem Fragment gebliebenen und biografisch anmutenden Roman „Franziska Linkerhand“, gesprochen von Renan Demirkan und Winnie Böwe, entsteht ein besonders eindrückliches Bild der Frau und Schriftstellerin Brigitte Reimann. Untermalt von ruhigen Jazzklängen und Schreibmaschinengeklapper, spürt der Hörer ihrem Lebensentwurf nach, in dem Lebenserfahrung und Schreiben ineinanderfließen und untrennbar miteinander verschmelzen. Ihr Schreiben ist stets Leben, ihr Leben stets Schreiben.

 

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Deshalb möchte ich zum Schluss auf Brigitte Reimanns Tagebücher verweisen, aus denen all die genannten Darstellungen und Biografien über sie zehren. Sie sind 1997 und 1998 in zwei Bänden von Angela Drescher im Aufbau-Verlag unter den Titeln „Ich bedaure nichts. Tagebücher 1955-63“ und „Alles schmeckt nach Abschied. Tagebücher 1964-70“ herausgegeben worden.

Sie erzählen nicht nur hautnah aus dem Leben der Ehefrau, Liebhaberin und Schriftstellerin Brigitte Reimann, sondern auch aus dem Alltag in der DDR, der einengenden Kulturpolitik, den Schriftstellerkongressen, den Verhältnissen im Betrieb „Schwarze Pumpe“, der Wohnungsnot und den sozialistischen Bauprojekten in Hoyerswerda, die sie schließlich in ihrem „Franziska“-Roman verarbeitet. Dieses kulturgeschichtliche Bild der DDR durch das Auge Brigitte Reimanns ist somit auch für all jene im besonderen Maße lesenswert, die weniger an der Schriftstellerin denn der Alltagsgeschichte der DDR interessiert sind.